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17.01.2022 | 11:46

Irina Dečermić: Mut ist überall wichtig, besonders in der Kunst

Irina Dečermić: Mut ist überall wichtig, besonders in der Kunst

Die Pianistin, Komponistin und Multimedia-Künstlerin Irina Dečermić glaubt, dass die Nichtbeachtung der kollektiven Anstrengung, während der Pandemie sich selbst und die anderen zu schützen, ein Zeichen von großem Primitivismus, aber auch von Anmaßung und Arroganz ist. In einem Interview mit SEEcult.org weist Irina Dečermić darauf hin, dass Musik, wie andere Künste, uns hilft, uns selbst und die Welt, die wir als Menschen ziemlich korrumpiert haben, besser zu verstehen.

Irina Dečermić betrachtet die Politik und große Weltkonzerne, die sich für neue Götter halten, als Hauptverschmutzer des menschlichen Bewusstseins und Fortschritts. Ihre Rücksichtslosigkeit gegenüber der Zukunft beunruhigt sie, aber auch der Gedanke, dass Kultur für kommende Generationen zu einer Art Luxus und Abstraktion werden wird und nicht zu einer alltäglichen Notwendigkeit, wie sie früher allen Schichten der Gesellschaft zur Verfügung stand.

Sie sagt, der Staat interessiere sich nicht für Künstler und Kunst, sie werfe ihm vor, sich weder im Wesentlichen mit Kultur zu beschäftigen noch den Ansatz der Problematik zu berücksichtigen, denn „man muss einen Plan, eine Idee und ein Konzept haben“.

„Die Haltung unseres Staates gegenüber Künstlern war, selbst als die Bedingungen im Land günstiger waren, ziemlich schlecht, und jetzt ist erst recht keine Änderung zu erwarten. Wenn ein Problem auftaucht, darf man nicht erst dann Interesse zeigen. Es muss einen Plan, eine Idee, ein Konzept geben. Andernfalls ist es, als ob Sie sich in einer schlechten persönlichen, privaten Beziehung befinden, und die Dinge können nur noch schlimmer werden. Unser Staat interessiert sich absolut nicht für Kunst und Künstler, und das ist mehr als klar. Die Situation ist ziemlich schockierend und besorgniserregend, zumal wir wissen, wie notwendig Kunst ist. Kunst und Kultur werden für neue Generationen zu einer Art Luxus oder zu etwas Abstraktem, zu einer Art Exotik, dabei gehörte Kunst für uns zum Alltag – für verschiedene Bevölkerungsschichten, für alle Bürger. Wenn Sie eine Beziehung zur Musik oder Kunst im Allgemeinen entwickeln, ist es für Sie einfach, mit dieser zu kommunizieren, egal ob Sie ein Konzert klassischer Musik, ein Theaterstück oder eine Ausstellung besuchen... Sie haben eine Beziehung dazu, Sie haben einen Fokus. Wenn Sie sie nicht entwickelt haben, werden Sie keinen Fokus haben, Sie werden keine Nerven, Interessen, keinen Wunsch haben, eine Beziehung zu dieser Kunst einzugehen, sich ihr hinzugeben, weil Sie nicht in der Lage sein werden, den Fokus aufrechtzuerhalten, und der Fokus ist für die Kunst notwendig. Sie kann nicht ohne Fokus und Konzentration genossen werden“, sagte Irina Dečermić.

Photo: Milan Tvrdišić

Irina Dečermić glaubt auch, dass die Menschheit den Planeten gefährdet hat und anderen Lebewesen es nicht erlaubt zu leben.

„Wir gefährden sie und es kommt wie ein Bumerang auf uns zurück – uns werden die Voraussetzungen für ein normales Leben verwehrt. Funken des Lebens entstehen für uns nur, wenn wir in die Natur gehen, wenn wir Freunde treffen, wenn wir ein wenig Geselligkeit haben, wenn wir zu einem Konzert, in eine Ausstellung gehen… Das sind alles nur Funken, es ist kein alltägliches Lebensritual und es ist offensichtlich, dass wir uns in einer großen Krise befinden, und zusammen mit uns, auch unser Planet und alle, mit denen wir ihn teilen. Wir Menschen haben am meisten zu dieser Krise beigetragen. Wir respektieren das Leben nicht, wir haben vergessen, den Planeten zu respektieren. Dabei denke ich an die großen Konzerne, die die Welt übernommen haben und glauben, dass sie eine Macht haben, die größer ist als die Natur selbst, und das ist an sich unmöglich. Sie gefährden bewusst das Planetensystem und denken, dass ihnen niemand etwas anhaben kann. An der ganzen Geschichte fasziniert mich der Egoismus, nicht an zukünftige Generationen zu denken. Für mich ist es schockierend, besonders wenn wir wissen, dass Menschen einst ihr Leben für zukünftige Generationen hingegeben haben, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken. Jetzt haben wir etwas ganz anderes: Die Menschen sind aus Profitgründen bereit, die Zukunft der nächsten Generation zu zerstören, ohne dabei auch nur mit der Wimper zu zucken“, sagte Irina Dečermić.

*Das ganze Interview (in serbischer Sprache) ist auf diesem Link zugänglich.

*Cover photo (detail): Milan Petrović

(SEEcult.org)

Gefördert mit Mitteln aus dem Internationalen Hilfsfonds für Organisationen in Kultur und Bildung 2021 des Auswärtigen Amts der Bundesrepublik Deutschland, des Goethe-Instituts und weiterer Partner, www.goethe.de/hilfsfonds

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